Worauf können wir verzichten
Als Norddeutscher bin ich immer wieder überrascht, wenn ich merke, dass wieder Fasching ist. Heute ist Aschermittwoch, an dem dann bekanntlich alles wieder vorbei ist. In der christlichen Religion beginnt damit die 40-tägige Fastenzeit, die bis Ostern dauert. Der biblische Hintergrund sind die 40 Tage, die Jesus gemäß der Geschichte in der Wüste verbracht hat und man zeigt sich sozusagen solidarisch damit.
Ich bin kein großer Verfechter des kirchlichen Brauchtums aber dafür ein Fan der Fastenzeit. Losgelöst von jeglichem religiösen Dogma oder der eigenen Weltanschauung kann man diese Zeit als Impuls sehen, für sich einmal zu entscheiden, worauf man vielleicht besser verzichten könnte.
Ich bin mir sicher, dass wirklich Jeder, der sich einmal wirklich darüber Gedanken macht, etwas findet, von dem man genau weiß, dass es besser wäre, darauf zu verzichten. Häufig sind es lieb gewonnene (aber nicht förderliche) Gewohnheiten oder natürlich auch der ganze Bereich der verbreiteten Sucht-Themen, wie Alkohol, Nikotin, andere Substanzen, Zucker und sonstige ungesunde Nahrung, Porno, Soziale Medien … man könnte diese Liste noch beliebig weiterführen.
Letztendlich funktioniert ein großer Teil unseres Konsums auf Basis der Nutzung unserer natürlichen „Abhängigkeit“ vom Neuromodulator Dopamin. Dopamin ist für uns notwendig, damit wir aktiv werden, etwas zu tun und Motivation entwickeln. Wenn jedoch die Verführungen des Alltags jederzeit in Reichweite sind und unsere begrenzte Willensstärke verbraucht ist, werden wir leichtes Opfer der Versuchung. Jede sofortige Befriedigung unserer Impulse führt zu einem kleinen Dopamin-Kick. Das Problem dabei ist, dass dieser Effekt schnell nachlässt und wir dann mehr und mehr wollen. Ein Teufelskreis also, aus dem es schwierig ist, zu entkommen.
Diese beschriebenen Mechanismen kenne ich bei mir selbst und bei bestimmten Dingen könnte meine Impulskontrolle besser sein. Daher nehme ich mir die Fastenzeit zum Anlass, ganz bewusst auf etwas zu verzichten. Ich habe mich dazu entschieden, tagsüber nicht den Ablenkungen durch das Internet nachzugeben, d.h. nicht schnell mal Spiegel Online zu checken oder soziale Netzwerke oder sonst mal schauen, was so los ist in der Welt. Ich finde immer irgendetwas Interessantes, was mich in den Bann zieht und mich tendenziell von meinem Deep Work abhält, was ich mir eigentlich vorgenommen hatte. Eine Ausnahme mache ich bei der ganz bewussten Nutzung der Medien, wie z.B. für Recherchen oder beim Hochladen dieses Eintrags bei Linked-In. Auf das unbewusste Surfen und Scrollen möchte ich verzichten. Zusätzlich werde ich in der Fastenzeit auch versuchen, jegliche Snacks wegzulassen und nur noch ausschließlich zu den Mahlzeiten zu essen.
Der Vorteil der 40 Tage dieser Challenge ist es, dass es immer eine gewisse Zeit benötigt, um Gewohnheiten zu etablieren bzw. auszurotten. Wenn man also durchhält und man feststellt, dass es einem mit dem neuen Verhalten insgesamt besser geht, muss man ja auch nicht notwendigerweise nach den 40 Tagen wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen, sondern kann die neue Gewohnheit in den eigenen Lebensstil fest integrieren. Man kann sich bewusst dafür oder dagegen entscheiden.
In meinen Coachings arbeite ich viel mit Verhaltensdesign. Dabei stellen wir uns auch die Frage, welche Gewohnheit man aktuell hat, von der man weiß, dass es für das eigene Leben eine große positive Auswirkung hätte, wenn man sie täglich praktizieren würde, bzw. wenn man diese Gewohnheit ablegen würde. Dazu gibt es auch verschiedene Techniken, die dabei helfen können, die häufig recht starken Gewohnheitsenergien auszutricksen.
Worauf könntest Du gut verzichten und wäre heute ein guter Tag, damit zu beginnen?
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