Der Fluss des Lebens
Das anschauliche Bild, was das Leben als einen langen Fluss beschreibt, der mal ruhiger verläuft und wo es auch mal Stromschnellen gibt und der kontinuierlich vor sich hin fließt, spricht mich sehr an. Der geschätzte amerikanische Psychologe und Neurowissenschaftler Dr. Dan Siegel hat dafür den Begriff Fluss der Flexibilität geprägt, den er wie folgt beschreibt.
Der Fluss hat 2 Ufer, das eine Ufer repräsentiert die Struktur und das andere Ufer die Kreativität oder Spontaneität. Zwischen diesen beiden Polen bewegt man sich normalerweise hin und her. Wenn man einigermaßen in der Mitte des Flusses bleibt, ist alles gut. So läuft es aber erfahrungsgemäß nicht.
Auf der Seite der Struktur kann es auch zu viel Struktur geben, das führt dann zur Erstarrung und auf der Seite der Kreativität führt zu viel Spontaneität zum Chaos. Bildhaft wird man durch den Fluss des Lebens immer mal wieder an das eine Ufer geworfen oder an das andere. Wichtig ist dann, möglichst wieder in die Mitte des Flusses zurückzufinden und die richtige Balance zu finden zwischen Erstarrung und Chaos.
Man kann die beiden Ufer auch als die Extreme Defizit (zu wenig) oder Exzess (zu viel) von etwas betrachten. Zwischen diesen Extremen bewegt man sich häufig in seinem Lebensfluss. Bei der Wellenbewegung im Lebensfluss ist dann entscheidend, wie hoch die Ausschläge jeweils sind. Man kann versuchen, diese Amplituden etwas zu glätten, so dass man besser im Fluss des Lebens vorankommt und nicht mehr so häufig an dem einen oder anderen Ufer Schiffbruch erleidet.
Merkmal eines psychologisch stabilen Menschen ist Flexibilität und jedes gesunde komplexe System ist gekennzeichnet durch einen Fluss von Integration und Harmonie, der sich zwischen den Eingrenzungen der Extreme von Exzess und Defizit bewegt, sagt sinngemäß Dr. Dan.
Die Kunst des Lebens liegt darin, diesen gesunden Mittelweg zu finden. Das ist auch eine zentrale Empfehlung der östlichen Weisheitstraditionen, so wie im Buddhismus. Man wird diesen mittleren Weg realistisch nicht immer einschlagen können, sondern es wird immer ein Oszillieren zwischen den beiden Polen mit unterschiedlich stark ausgeprägten Ausschlägen sein.
Man kann sich im Vorfeld eine Intention festlegen und für den Fall einer Extremsituation einen Algorithmus zu definieren, den man anwenden kann, um möglichst schnell das Ruder wieder umlegen und gegensteuern zu können. Man erstellt dazu einen praktikablen Handlungsplan, der hilft, das richtige Maß an Struktur und Kreativität für sich selbst zu finden.
Man kann die Wellen nicht aufhalten, aber man kann lernen, sie zu surfen. (Jon Kabat-Zinn)
Leave a Reply
Want to join the discussion?Feel free to contribute!