Immer diese Zwänge!
Im Rahmen meiner Weiterbildung im Bereich der Kognitiven Verhaltenstherapie habe ich das Thema Zwangsstörungen näher kennengelernt. Ein hochinteressantes Thema, zumal Störungen in diesem Bereich neben Depressionen heute am zweithäufigsten bei den Menschen auftreten.
Für mich als Coach gehören ausgeprägte Zwangsstörungen nicht zu meinem Arbeitsbereich, wenn jemand solch eine Störung hat, durch die er/sie stark einschränkt ist und sich und oder anderen schadet, dann ist sicher eher eine therapeutische Begleitung angezeigt.
Ich habe jedoch die Erkenntnis gewonnen, dass jeder einer gewisse Form von Zwängen unterworfen ist, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein können und im harmlosen Fall eher als Rituale zu beschreiben wären. Ich kenne es von mir, dass ich Dinge auf meinem Schreibtisch gerne parallel oder gerade ausrichte, wie ein gewisser grundsätzlicher Ordnungszwang. Solange man sich damit nicht stark einschränkt oder anderen schadet, ist das auch gar kein Problem. Es kann sich natürlich immer auch zum Problem entwickeln, wenn man es übertreibt.
Ich habe gelernt, dass Zwänge in den folgenden Dimensionen häufig auftreten
- Kontroll-Zwang (sehr häufig verbreitet)
- Ordnungs-Zwang
- Hygiene-/Reinigungszwang
- Zwangsdenken (auch gewaltvoll)
Es gibt dabei 6 wesentliche „Kognitions-Domänen“, d.h. Pakete zu einem bestimmten Inhalt
- Übertriebene Gefahrenüberschätzung
- Übertriebenes Verantwortungsgefühl
- Übertriebene Wichtigkeit der eigenen Gedanken (Meta-Kognitions-Ebene)
- Kontrolle der eigenen Gedanken (Meta-Kognition-Ebene)
- Geringe Ungewissheitstoleranz
- Perfektionismus
Es fällt auf, dass bei den Kognitions-Domänen von übertriebenen Gedanken die Rede ist. Es handelt sich hier um ein weites Spektrum und die Therapeuten kommen dann ins Spiel, wenn es nicht mehr als gesund empfunden wird.
OCD als übergreifende Bezeichnung von Zwangsstörungen (Obsessive Compulsive Disorder) wird häufig schon im populären Sprachgebrauch verwendet, um scherzhaft die eigenen Marotten oder Rituale zu erklären. Es geht dabei aber um Menschen, die zwanghafte Gedanken haben, die dann ein zwanghaftes Handeln auslösen.
Wenn man einmal aufmerksam im Alltag seine Gedanken beobachtet und die Handlungen, die dadurch ausgelöst werden, kann man vielleicht auch leicht zwanghaftes Verhalten erkennen. Der Kontroll-Zwang ist in unserer Gesellschaft sehr weit verbreitet. Wir müssen ja auch immer alles unter Kontrolle haben. Das ist natürlich eine große Illusion, da wir nur einen sehr kleinen Bereich unseres Lebens wirklich kontrollieren können.
Bei mir selbst kann ich folgendes beobachten: Einen gewissen Ordnungszwang, z.B. wenn es unaufgeräumt ist, kann ich mich nicht konzentrieren, fühle mich unwohl und muss die Dinge erst einmal ausrichten. Weiterhin kenne ich teilweise eine niedrige Ungewissheitstoleranz, die ein Zeichen dafür sein, dass ein starker Wunsch nach mehr Kontrolle der Dinge besteht. Ebenso kenne ich in gewissen Bereichen einen Perfektionismus, der zum Teil auch nicht hilfreich ist.
Die Exploration des eigenen Denkens und die Wahrnehmung der Emotionen, die sich daraus ergeben sowie die Beobachtung, welche Handlungen sich als Konsequenz aus dem Denken und der gefühlten Emotion heraus ergeben, ist auf jeden Fall eine sinnvolle Übung. Speziell wenn man feststellt, dass man in kongnitiv-emotionalen Schleifen festhängt, und man sich zwanghaft immer wieder die gleiche Geschichte erzählt und auch immer die gleichen Handlungsmuster oder Bewältigungsmechanismen ausgelöst werden.
An diesen Gedankenschleifen kann man durch die Anwendung geeigneter Instrumente ansetzen und für sich ein sinnvolleres Narrativ entwickeln, welches mit positiven Emotionen belegt ist und was dann zu einem konstruktiven Handeln führt. Fragen Sie den Coach Ihres Vertrauens, wenn tendenziell zwanghafte Gedanken und Verhalten transformiert werden sollen.
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