Schlafen ist kein Luxus
„The best bridge between despair and hope is a good night’s sleep“
Diese schöne Feststellung stammt von einem der führenden Neurobiologen und Schlaf-Experten, Matthew Walker, von der Universität Berkeley. Es scheint so, dass sich die gefühlte Brisanz unserer Probleme zum Teil auf magische Art und Weise reduziert, wenn wir eine Nacht mit ausreichendem und gutem Schlaf bekommen haben. Wenn wir verzweifelt sind, kann ein guter Nachtschlaf also dazu führen, dass wir wieder Hoffnung schöpfen.
Ich höre häufig von Menschen, die nicht gut schlafen. Das hat vielfältige Gründe und das Phänomen scheint zu grassieren. Es gibt auch Leute, die sagen, dass sie keine Zeit zum Schlafen haben, weil sie Wichtigeres zu tun hätten. Wenn man aber nicht gerade genetisch ein Exot ist und zu den statistisch 1 unter 12.000 Menschen gehört, die wirklich weniger als die empfohlenen 7-9 Stunden Schlaf täglich benötigen, betrügen sich diese Menschen höchst wahrscheinlich selbst.
Wenn man einmal nicht gut geschlafen hat, kennt man die entsprechenden Symptome wie Reizbarkeit, Antriebslosigkeit oder fehlende Willenskraft am nächsten Tag. Viel schlimmer ist es jedoch bei einem chronischen Schlafdefizit. Hier kommt es zu einer Gewöhnung, so dass man seinen Zustand als normal empfindet und schon gar nicht mehr weiß, wie es sich anfühlt, wenn man voll ausgeschlafen und erholt ist.
In meinen integrierten Coachingansatz betrachten wir immer die Lebensbereiche, Energie, Arbeit und Liebe, wobei Energie als Fundament immer einen sehr hohen Stellenwert bekommt. Eine ganz wesentliche Säule ist dabei ein ausreichender und erholsamer Nachtschlaf. Die Frage ist nun, was man selbst für einen besseren Schlaf tun kann.
Der Mensch hat sich in den Millionen Jahren der Menschheitsentwicklung immer nach dem Wechsel von Tag und Nacht ausgerichtet. Ein Großteil der Prozesse, die in unserem Körper ablaufen, orientieren sich an diesen sogenannten „circadianen Rhythmen“. Insofern ist es generell hilfreich, wenn man seinen Lebenswandel wieder mehr an diese tief verankerten Rhythmen anpasst. Eine Regelmäßigkeit mit möglichst täglich gleichen Schlafenszeiten wirkt sich daher positiv aus.
Ein wichtiger Faktor ist das Licht. Künstliches Licht gibt es erst seit relativ kurzer Zeit in der Menschheitsgeschichte. Seit der Erfindung der Glühbirne im Jahr 1879 durch Edison hat sich künstliches Licht immer stärker ausgebreitet und bestimmt heute unser Leben. Wenn wir abends vor dem Schlafengehen noch viele Bildschirme betrachten, (Fernseher, Computer, Smartphone etc.), signalisieren wir unserem Körper, dass noch Tag ist.
Tipp 1: Einen digitalen Sonnenuntergang einführen. Ausreichende Zeit vor dem Zubettgehen (z.B. eine Stunde) werden alle Bildschirme ausgeschaltet und auch andere grelle Lichtquellen gemieden. Statt zu versuchen mit Netflix oder Fernsehen einzuschlafen, besser zu einem guten Buch greifen.
Tipp 2: Konsum reduzieren bzw. im besten Falle 2-4 Stunden vor dem Schlafen keine Nahrung mehr zu sich nehmen. Wenn der Geist zur Ruhe kommen soll, geschieht das am besten, wenn der Körper nicht auf Hochtouren mit dem Metabolismus beschäftigt ist. Noch wirkungsvoller ist es, z.B. im Rahmen des intermittierenden Fastens mal komplett auf das Abendessen zu verzichten. Nach eigener Erfahrung ist der Nachtschlaf dann messbar besser mit längeren Phasen von erholsamem Tiefschlaf.
Analoges gilt auch für Alkohol. Der „Schlummertrunk“ ist ein Trugschluss, man schläft nachweislich besser und tiefer ohne Alkohol. Koffein zu meiden ist naheliegend, es ist dabei aber interessant zu wissen, dass Koffein eine Halbwertzeit von 4-6 Stunden hat, also relativ lange im Körper verbleibt. Nachmittags noch Kaffee zu trinken, ist daher höchstwahrscheinlich kontraproduktiv.
Tipp 3: Abends möglichst nicht mehr hart Trainieren oder Sport machen. Durch das Training wird der Kreislauf stark angeregt und die Körpertemperatur erhöht sich. Für einen guten Schlaf ist jedoch eine niedrigere Körpertemperatur notwendig, das Herunterkühlen dauert dann entsprechend länger. Dazu kommt, dass wir die durch den Sport ausgeschütteten Hormone und Neurotransmitter nachts gar nicht so richtig ausnutzen können. Den durch Training entstehenden stimmungsaufhellenden Effekt, der ca. 12 Stunden anhält, können wir tagsüber viel besser gebrauchen. Also besser morgens als abends trainieren, wenn man das realisieren kann.
Tipp 4: Früh genug komplett herunterfahren. Wenn man bis kurz vor dem Schlafengehen noch intensiv arbeitet oder emotional anregende Gespräche führt, fällt es schwer, danach zur Ruhe zu kommen. Hier ist zu empfehlen, eine möglichst gleichbleibende Routine zu entwickeln und vielleicht mit Atemübungen oder Meditation vor dem Schlafen mehr Entspannung herbeizuführen.
Man kann diese Übungen auch dann anwenden, wenn man nachts aufwacht und in Grübeleien verfällt oder man von Sorgen geplagt ist, die einen den Schlaf rauben. Nachts sieht alles häufig viel düsterer aus als bei Tageslicht betrachtet. Wenn man in der Lage ist, den Hebel umzulegen und sich bewusst z.B. durch Atemübungen von den unproduktiven Grübeleien abzulenken, und dann wieder einzuschlafen, ist das sehr hilfreich.
Man sollte seinem Schlaf im Rahmen der Selbstfürsorge unbedingte Priorität einräumen. Nur wer nachts ausreichend gut und lange schläft, kann tagsüber in allen Lebensbereichen die bestmögliche Performance erbringen. Schlaf ist also absolut kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, die nicht verhandelbar sein sollte.
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